→ Wichtig ist es, zunächst jede Person einzeln kennen zu lernen, mit seinen/ihren eigenen Eigenschaften, Herausforderungen und Schwierigkeiten. Faktoren wie die individuelle Persönlichkeit, Alter, Geschlecht, Interesse an Landwirtschaft und Natur, die Qualität der professionellen Unterstützungssysteme, kulturelle Einstellungen zur psychischen Erkrankung usw. wirken sich ebenfalls darauf aus, ob und wie Soziale Landwirtschaft den jeweiligen Menschen unterstützen kann. Von diesen Faktoren hängt es ebenso ab, wie stark sich ein Mensch in angebotene Aktivitäten einbringt, wie er in Beziehung zu anderen Teilnehmenden und dem Personal auf dem Hof tritt und wie interessiert und beteiligt er/sie ist. Diese individuellen Punkte bestimmen auch, welche Tätigkeiten und Ansätze letztendlich am besten funktionieren, welche Ergebnisse erzielt werden können und welchen individuellen Mehrwert die einzelne Person schließlich von einem Sozialen Landwirtschaftsangebot hat.
Es gibt nicht den EINEN Ansatz oder genau DIESE Tätigkeit, die von besonderem Wert und von Relevanz sind. Es geht vielmehr darum, einzelne Personen auf Ihrem Hof dabei zu unterstützen, herauszufinden, worin sie gut sind und wofür sie sich interessieren oder was ihr Leben bereichern wird. Die ersten Tage sollten sehr flexibel sein und einen Entdeckungsprozess für Sie und die Teilnehmenden beinhalten.
Arbeit mit Struktur und Rhythmus
Die Zeit, die auf dem Hof verbracht wird, sollte einen zuverlässigen Rhythmus haben, der sich nach der Jahres– und Tageszeit, den anstehenden Aufgaben und den Verantwortlichkeiten richtet, die den Einzelpersonen übertragen werden. Dies bietet einen sicheren Rahmen, in dem Menschen in ihrem Wohlbefinden und Selbstvertrauen unterstützt werden können. Zudem wird so auf natürliche Weise aufgezeigt, welche Vorteile gute Routinen und Gewohnheiten (sowohl auf dem Hof als auch außerhalb) haben.
"Man reagiert hier auf das, steht in Verbindung mit dem, was das echte Leben ausmacht. Besonders die tägliche Routine mit den Tieren, dass man die Enten und Gänse Frühs raus lässt und sie abends wieder ins Bett bringt. Das gibt Struktur und einen Rahmen, der nicht starr ist, sondern lebendig und in dem man Begegnungen hat." *
Verschiedene Aufgaben/Tätigkeiten
Sinnvoll ist eine Mischung aus wiederkehrenden Aufgaben, bei denen Menschen sich Woche für Woche verbessern und selbstbewusster werden können, aber auch neue Projekte, in die Menschen sich einbringen können und bei denen sie sich herausfordern können. Letztere können auf den bereits bestehenden Interessen oder Fähigkeiten der Menschen basieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich zu entfalten und Erfolgserlebnisse zu haben. Wenn jemand zum Beispiel Interesse an/ Geschick im Umgang mit Holz hat, so ist der Bau eines Hühnerstalls oder Hochbeets eine zielführende Arbeit.
Nähe zur Natur
Schaffen Sie Räume und Zeiten, wo Menschen im Alltag eine Verbindung zur Erde, zu Pflanzen und Tieren, zu Wäldern und Flüssen herstellen können. Die Geräusche, Gerüche und das „Gefühl“ der Natur sollten Teil des Alltags sein.
"Wenn Menschen zu sehr am Grübeln sind, dann sage ich: „Geh und jäte mit deinen Händen anstatt mit der Hacke, denn dann bist du dem Boden näher."„
Bedeutsame Aufgaben und Tätigkeiten
Der Fokus sollte auf Aufgaben liegen, die "echt" sind und nicht künstlich konstruiert, die erledigt werden müssen. Dies vermittelt ein echtes Gefühl der Erfüllung, man trägt selbst zu etwas Größerem bei.
Aufgaben, die Teamwork und die Verbindung zu Anderen fördern
Die Arbeit an gemeinsamen Aufgaben fördert Gespräche und Zusammenarbeit. Die gemeinsame Arbeit ist eine gute Möglichkeit, um Menschen, mit sozialen Ängsten, limitierten sozialen Fähigkeiten oder geringem Selbstvertrauen, zu ermutigen, sich zu öffnen und eine Verbindung zu anderen herzustellen. Teilnehmende sollten ermutigt werden, in Zweierteams oder Gruppen an bestimmten Aufgaben zu arbeiten. Hierfür kommen Aufgaben wie Unkrautjäten oder die gemeinsame Nutzung von Geräten in Frage.
Seien Sie präsent, geerdet und intuitiv
Vermutlich noch stärker, als in der Arbeit mit anderen Zielgruppen, müssen Landwirt*innen selbst mental in einer guten Verfassung und in der Lage sein, ihre eigenen Sorgen und Ängste beiseite zu legen. Sie müssen sensibel und aufmerksam für die Stimmungen oder Stressquellen der Menschen, mit denen sie arbeiten, sein und entsprechend reagieren.
Behandeln Sie Menschen wie Menschen
Es ist entscheidend, dass Menschen als Menschen behandelt werden und nicht als "Fälle". Die Soziale Landwirtschaft sollte als gegenseitiger Prozess betrachtet werden, bei dem jeder etwas zum Hof beitragen kann. In vielen Fällen sind bestimmte Stärken,
wie zum Beispiel ein sanfter und empathischer Umgang mit Tieren oder eine sehr gewissenhafte Arbeitsweise, mit einer bestimmten Erkrankung verbunden. Menschen Respekt entgegen zu bringen, bedeutet auch, Probleme mit ihrem Verhalten oder ihrer Handlungsweise auf dem Hof anzusprechen, unabhängig davon, ob diese auf ihre psychische Erkrankung zurückzuführen sind oder nicht. Es ist auch wichtig, Unterschiede in Bezug auf Kleidung oder im Erscheinungsbild zu vermeiden - Jede*r sollte so kommen können, wie sie/er ist, und es sollte nicht sofort erkennbar sein, wer die Teilnehmenden sind.
Eine der Vorteile der Sozialen Landwirtschaft ist, dass die Bauern die Person am Anfang nicht kennen - im Gegensatz zu den sozialen Dienstleistern, die psychisch kranke Menschen nur auf eine bestimmte Weise kennen. Die Bauern sehen einen Menschen mit Potential, der sich entfalten kann. Allein der Glaube daran, kann Jemanden voranbringen."*
Seien Sie ein Vorbild
Auf dem Hof sollten gesunde Gewohnheiten in Bezug auf Routinen, Ernährung, Bewegung, Haltung, Schlaf usw. demonstriert werden. Sie können alltägliche Beispiele für Selbstfürsorge geben, ohne offensichtlich zu belehren oder zu predigen (z.B. nach einem Arbeitstag duschen, ein gesundes Frühstück essen, um energiegeladen in den Tag zu starten).
Seien Sie entspannt und haben Sie Spaß
Was vielen Menschen in ihrem Leben am meisten fehlt, ist Spaß und Freude, eine Pause von den eigenen Ängsten oder übermäßigem Grübeln. Tun Sie Dinge mit Leichtigkeit und Warmherzigkeit und bieten Sie auch spaßige Aktivitäten an - wie zum Beispiel Spielen mit dem Hund, eine Wasserschlacht mit dem Gartenschlauch. Dabei sollte nichts "erzwungen" sein: Verwenden Sie Ihr Urteilsvermögen, um festzustellen, wofür einzelne Teilnehmende offen und geeignet sind. Weitere Gelegenheiten, um gemeinsam das Leben zu genießen und Rhythmen miteinander zu teilen - beim gemeinsamen Essen, beim Feiern von Geburtstagen oder Feiertagen - sollten ebenfalls Teil des Hofalltags sein.
Schaffen Sie ein Gefühl der Zugehörigkeit
Es ist äußerst wichtig, dass die Teilnehmenden in der Sozialen Landwirtschaft das Gefühl haben, dass sie Teil des Hoflebens sind, dass sie wichtig und nicht alleine sind, aber auch, dass sie vermisst werden, wenn sie nicht da sind.
"Es ist wichtig, dass sie das Gefühl haben, dass sie mit ihren Problemen und ihrem Leben nicht allein sind und dass sie von unseren Gärten , anderer Klienten und Mitarbeitern umgeben sind."*
Mangelnde Motivation, Begeisterung oder mangelndes Engagement Dies ist insbesondere bei depressiven Störungen häufig der Fall und kann sich auch durch ein geringes Energielevel - teilweise aufgrund von Medikamenten - in körperlichen Beschwerden und häufiger Abwesenheit ausdrücken. |
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(soziale) Ängste Neue Umgebungen und Situationen sowie Unsicherheiten über die eigenen Fähigkeiten können Ängste auslösen. Diese Ängste können sehr individuell sein (z.B. Angst, vor anderen Menschen zu essen; Angst, zum Hof zu fahren). |
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Übermäßige Begeisterung oder Hyperaktivität Dies kann eine Herausforderung bei der Arbeit mit Menschen mit bipolaren Störungen oder Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein. |
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Aggressives oder sehr herausforderndes Verhalten In wenigen Fällen können Menschen Aggressionen gegenüber den Landwirt*innen, dem Personal oder anderen Teilnehmenden zeigen. |
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Alle Zitate stammen aus Interviews mit erfahrenen Landwirt*innen der Sozialen Landwirtschat, die im Rahmen des SoFarTEAM-Projekts durchgeführt wurden.
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